Smarter sparen: Was sind die neuen Trends im schlauen Haus?

Die Smart-Home-Revolution bricht an! Das allerdings auch schon seit gut zehn Jahren. Immer wieder haben Hersteller und Verbände die Massen­markttauglichkeit beschworen – doch im Mainstream ist das Smart Home bisher bestenfalls punktuell angekommen: ein Laut­sprecher hier, ein smartes Küchengerät dort. Was aber nicht heißen soll, dass das Thema nicht hochspannend wäre! Speziell Gaming steht im smarten Haus vor neuen Herausforderungen: Bei der Vernetzung, aber auch beim Energieverbrauch. Ein Überblick.
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© electriceye / stock.adobe.com
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Was die gamescom für die Spielebranche ist, das ist die IFA für die Unterhaltungs- und Gebrauchselektronik-Branche. Gerade erst hat die Internationale Funkausstellung wieder ihre Pforten für Publikum und Fachbesucher geöffnet: An fünf Tagen zeigten Aussteller auf dem Berliner Messegelände, wie die schöne neue Technikwelt aussehen könnte. Natürlich gab es auch wieder einige Kuriositäten zu bestaunen: Die Website futurezone.at listet beispielsweise einen Katzenroboter auf, der vollautonom das Haus unsicher macht, sich aber auch gerne streicheln lässt. Ebenfalls auf der IFA zu sehen war ein sogenannter Haustier-Trockner – eine Mischung aus Waschmaschine und Weltraumkapsel, in der Wauzi und Mieze schnurstracks trockengefönt werden. (Man kann sie derweil durch zwei Handöffnungen streicheln.) Was die Welt offenbar auch noch gebraucht hat, ist eine smarte Weinschenke, die Mini-Weinbeutel statt Kaffeekapseln verarbeitet. Ach ja, dann war der noch der Duschkopf mit Wassersensor, der über ein (selbstverständlich wasserdichtes) Display mitteilt, ob man gerade mit Legionellen-Wasser duscht. Yay!

Smarte Thermostate
Jenseits solcher gutgemeint-bizarrer Auswüchse verzeichnet die Smart-Home-Welt natürlich auch grundlegende Trends. „Angesichts steigender Energiepreise gewinnt das Thema Energieeffizienz im Smart Home immer mehr an Bedeutung“, sagt Klaas Moltrecht gegenüber IGM. Der Referent PropTech & Immobilienwirtschaft beim Branchenverband Bitkom nennt als Beispiel smarte Thermostate: Sie regeln die Raumtemperatur herunter, wenn Smart-Home-Nutzer morgens das Haus verlassen – und fahren die Heizung rechtzeitig wieder hoch, bevor die Nutzer nach Hause kommen. Das Ganze funktioniert über GPS-basiertes Geofencing – und kann im Zweifelsfall deutlich Heizkosten sparen. Und nicht nur das: In einer aktuellen Studie („Klimaschutz und Energieeffizienz durch digitale Gebäudetechnologien“) hat Bitkom herausgefunden, dass smarte Gebäudetechnik in Deutschland bis 2030 rund 14,7 Millionen Tonnen CO2 einsparen helfen kann.

Als weiteren Haupttrend im Smart Home nennt Moltrecht das Thema „Ambient Assisted Living“ (AAL). „Smart-Home-Technologien können ältere Menschen dabei unterstützen, ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden zu führen“, so der Bitkom-Experte. Ein Beispiel seien smarte Sturzsensoren, die Angehörige oder den Pflegedienst informieren, wenn eine allein lebende Person fällt. Als dritten Trend nennt Moltrecht die noch bessere Vernetzung – und wechselseitige Regulierung – diverser Smart-Home-Komponenten. So könne sich beispielsweise „das Licht durch eine noch bessere Vernetzung der Aktoren und Sensoren automatisch ausschalten, die Rollos herunterfahren und der Staubsaugerroboter starten, wenn die Bewohnerinnen und Bewohner das Haus verlassen“. Klingt praktisch! (Wenn der Staubsauger nicht die Wohnung ausspioniert.)

 

Noch bessere Vernetzung der Aktoren und Sensoren

Neuer Standard
Moltrecht räumt ein, dass es noch viel zu tun gibt. „Die Konnektivität von Geräten unterschiedlicher Hersteller im Smart Home muss besser werden“, so der Bitkom-Mann. Diese bereitet oft noch Probleme, weil die unterschiedlichen Geräte einander schlichtweg nicht verstehen. Abhilfe soll jedoch Matter schaffen: Ein neuer Kommunikationsstandard, der im Herbst veröffentlicht werden soll – und der von etlichen großen Firmen vorangetrieben wird – zum Beispiel von Google und Amazon. Das klingt tatsächlich wie ein Game Changer für die Branche, die so lange schon auf den Mainstream-Durchbruch wartet. Doch was kann Matter eigentlich genau?

Fragen wir doch Nico Jurran! Der c‘t-Redakteur zählt zu den ausgewiesenen Smart-Home-Spezialisten in Deutschland. „Bei Matter kommt es nicht vorrangig darauf an, wie Geräte auf Kommunikationsebene verbunden sind“, so Jurran. „Es geht vor allem darum, dass sich die Geräte Befehle senden können, auf einer etwas höheren Ebene.“ Schon früher habe die Branche versucht, herstellerübergreifende Standards zu etablieren – doch hätten Spezifikationen wie Z-Wave oder Zigbee sich nicht durchsetzen können. Bei Matter lägen die Dinge nun anders, betont Jurran: „Wenn diese drei oder vier richtig großen Player mit dabei sind, dann ist das natürlich ein Riesending.“ Aus Deutschland sei die Firma Eve Systems mit vorne dabei – also jenes Unternehmen, das hierzulande auch schon HomeKit für Apple etabliert habe. „Mit Matter bricht Eve Systems nun aus dem HomeKit-Käfig aus“, sagt Jurran. Auf der IFA demonstrierte das Unternehmen, wie Matter die Kommunikation unterschiedlicher Systeme ermöglicht: Die smarte Steckdose Eve Energy ließ sich dort mit Sprachbefehlen von Amazon Alexa und dem Google Assistant steuern – und darüber hinaus auch mit App-Befehlen von Google Home und Samsung SmartThings. Dank dieser Vielseitigkeit ist Eve Energy natürlich attraktiver als eine weniger smarte Steckdose, die an einen einzelnen Hersteller gebunden ist.

Schleichender Prozess
Wann genau Matter das Smart Home erobert, steht allerdings noch nicht fest. „Ich gehe davon aus, dass die ersten Matter-Geräte in etwa einem halben Jahr auf den Markt kommen“, prophezeit Nico Jurran. Für einige Firmen sei Matter noch kein Thema, weil sie Probleme beim Chip-Nachschub haben – und weil die Kauflust der Kundschaft in den letzten Monaten krisenbedingt gesunken ist. Laut Jurran müssen diese Firmen „erst einmal schauen, wie sie ihre bereits produzierten Geräte an die Kunden bringen“. Weil so viele Firmen bei Matter mitmischen, sei die Marktetablierung auch ein „schwieriger und schleichender Prozess“, so der Experte: „Schließlich möchte jeder seine Interessen durchsetzen.“ Oder anders formuliert: Beim Matter-Menü kochen viele Smart-Home-Köche mit – was den Brei zwar womöglich nicht verdirbt, aber die Angelegenheit doch ziemlich zäh macht. Schmackhaft klingt das Projekt durchaus.

Halten wir also fest: Energiesparen wird im Smart Home immer wichtiger – genau wie die Vernetzung unterschiedlicher Komponenten. (Siehe dazu auch das aktuelle c‘t-Sonderheft „Moderner Wohnen“.) Doch wie steht es eigentlich ums Gaming im schlauen Haus? Schließlich ist Entertainment eine der tragenden Säulen des Smart-Home-Konzepts – neben Wohnkomfort, Energie-Management und Sicherheit. Um mehr über Smartes Gaming zu erfahren, sprechen wir mit Marc C. Hatke. Der 37-Jährige ist Senior Social Media Analyst bei einer Fürther Agentur (Kontext Public Relations), war früher Senior Consultant und Social Media Manager in der Gaming-Branche (Computec) – und baut in seiner Freizeit mit Begeisterung sein Smart Home aus. „Ich bin mittlerweile ziemlich weit mit meinen Plänen und habe vor allem im Bereich ‚smarte Beleuchtung‘ Installationen vorgenommen“, berichtet er. „Dazu zählen neben klassischen Lampen auch Stripes, Röhren, Stecker, Strahler, Wand-Panels und Ähnliches.“ Auch beim Smart-Home-Entertainment lässt sich Hatke nicht lumpen: Er besitzt mehrere Smart-TVs, Spielkonsolen, Pixel-Bilderrahmen und Tablets, mit denen er das Ganze steuert. „Als nächstes werde ich das Thema ‚smarte Heizkörper‘ in Angriff nehmen und natürlich weiter die Beleuchtung ausbauen – hier lässt sich praktisch immer etwas erweitern und verbessern“, freut sich Hatke. Damit sich das alles in den Alltag einfügt, hat er inzwischen mehr als 30 Smart-Home-Routinen programmiert: So schalten sich beispielsweise alle Lichter aus, wenn Hatke das Haus verlässt – und umgekehrt. Sogar einen „Pizza-Timer“ hat der Smart-Home-Aficionado eingerichtet: Ist die Pizza fertig, dann geben verschiedene Leuchten Alarm – so kann Hatke rechtzeitig reagieren, auch wenn er gerade mit Kopfhörern Musik hört.

 

 

Stripes, Röhren, Stecker, Strahler, Wand-Panels und Ähnliches

Gekoppelte Lampen
Ein intensives Gaming-Erlebnis rund um PS5 und Gaming-PC ist dem Technik-Nerd besonders wichtig. „Um das zu erreichen, habe ich mir besonders große Monitore zugelegt, darunter einen Ultra-Widescreen-Monitor und zwei 4K-QLED-TVs mit 75 Zoll“, berichtet Hatke. Viele seiner Smart-Lampen sind mit den Gaming-Systemen gekoppelt und ändern ihre Farbe je nach Anzeige auf dem Bildschirm. „So wird beispielsweise die gesamte Wohnung in ein schimmerndes Blau getaucht, wenn ich in einem Spiel ins Wasser tauche“, schwärmt Hatke. Beim Sound setzt er auf 7.1-Kopfhörer, weil sie besonders große Immersion erzeugen. Trotz dieses beeindruckenden Setups hat Smart-Home-Gaming aus Hatkes Sicht noch Luft nach oben: „Ich würde mir eine bessere Integration von Spielekonsolen und Gaming-PCs ins Smart Home wünschen“, sagt er. „Ich kann im Jahr 2022 meine PS5 immer noch nicht per Sprache einschalten – und auf eine Switch Pro warten wir Fans ebenfalls bislang vergeblich.“ Also bleibt Hatke nichts anderes übrig, als Mario Kart auf einem 75-Zoll-4K-Fernseher in mittlerweile völlig veraltetem Full HD zu spielen. Er appelliert deshalb an Nintendo, die Core Gamer nicht aus den Augen verlieren. Darüber hinaus wünscht er sich, dass LED-Lichter auf Gaming-Mäusen, Headsets und Mauspads gemeinsam gesteuert werden könnten: „Hier setzen leider immer noch zu viele Unternehmen auf eigene Systeme, die mit anderen nicht kompatibel sind.“
 
So viel Spektakel kostet natürlich einiges an Strom. Womit wir wieder beim Energiesparen wären – einem der Top-Themen der diesjährigen IFA. „Was eigentlich ein Trend sein müsste, aber praktisch keiner ist, sind smarte Stromzähler“, sagt Nico Jurran. Mit denen kann man in dem Moment, in dem man Strom verbraucht, zum günstigsten Anbieter wechseln. „Das ist eine super Idee, die zunächst auch funktionierte“, so Jurran. Inzwischen funktioniere sie aber nicht mehr – weil sich die Stromanbieter in der Energiekrise gegen schnelle Tarifwechsel sperren. Jurran sieht das Ganze mit Humor – und zitiert einen Witz aus der c‘t-Redaktion: „Was macht man als Gamer, wenn man Energie sparen will? Man spielt Brettspiele.“ Ganz so radikal müssen Gamer zwar künftig nicht vorgehen – doch um wirklich Energie zu sparen, sollten sie sich die Details genauer anschauen, rät Jurran. „Man sollte sich klar machen, dass Geräte auch Strom verbrauchen, wenn sie keinen Mucks von sich geben.“ Jurran selbst hatte sich eine große Heimkino-Anlage gekauft – und merkte, dass „Aus“ nicht gleich „Aus“ bedeutet. „Solange sie nicht auf Standby ist, wartet sie eben darauf, dass sie einen Ton von sich  geben soll“, erläutert Jurran. „Und dabei läuft sie mit einem enorm hohen Stromverbrauch.“

 

Was macht man als Gamer, wenn man Energie sparen will?

 

Stromfresser Konsole
Auch bei Konsolen besteht die Verlockung, sie nebenbei einfach weiterlaufen zu  lassen – doch auch das kostet jede Menge Strom. Ganz umweltbewusst klären die Konsolenbetreiber mittlerweile über die verschiedenen Verbrauchsstufen auf – doch nicht jeder Nutzer schaut ganz genau hin, wenn es um den Stromverbrauch geht. Was ja auch mit der Tatsache zusammenhängt, dass Konsolen ursprünglich als reine Unterhaltungszentralen angepriesen wurden. „Es ging immer um Klang, cooles Aussehen, tolles Bild, was auch immer. Energiesparen war in der Prioritätenliste sehr weit unten“, sagt Jurran. Der Experte rät denn auch, sich lieber erst einmal das Konsolen-Setup anzuschauen, als hier gleich nach Smart-Home-Lösungen zu suchen. „Natürlich kann man Geräte mit smarten Steckdosen komplett ausschalten“, sagt Jurran. „Das bedeutet dann allerdings auch: Manche Funktionen sind nicht verfügbar – zum Beispiel Firmware-Updates im Hintergrund. Und gerade Spielkonsolen reagieren oft sehr aggressiv auf direktes Ausschalten. Man sollte sich im Klaren darüber sein, dass das den Komfort einschränkt.“ Direktes Ausschalten sei übrigens auch bei OLED-TVs keine gute Idee, warnt der c‘t-Redakteur: „OLED-TVs lassen nachts einen Refresher über das Panel laufen, damit keine Einbrenn-Effekte entstehen.“

Marc C. Hatke überlegt, wie er im Smart Home Energie sparen und die Umwelt und das Portemonnaie schonen kann. Benötigt er die Geräte nicht, dann schaltet er sie immer vollständig aus. „Hier gibt es entsprechende Smart-Stecker, die den Strom beispielsweise an Steckerleisten komplett deaktivieren“, erläutert Hatke. Die Beleuchtung schaltet sich ja ohnehin schon automatisch aus, wenn er das Haus verlässt. Hatke verwendet auch fast ausschließlich LED-Leuchten, die deutlich weniger Strom verbrauchen als herkömmliche Birnen. „In der Gaming-Szene wird das Thema in Zukunft garantiert immer weiter an Bedeutung gewinnen“, ist er sich sicher. „Denn LED-Beleuchtung, coole Gaming-PC-Tower mit Leuchteffekten, blinkende Gadgets und Ähnliches gehören mittlerweile zur Standardausrüstung – und die Hersteller versuchen, sich gegenseitig mit neuartigen Produkten zu übertreffen.“ Wer dabei nicht ans Energiesparen denkt, denkt definitiv zu kurz. (Achim Fehrenbach)

IGM 12/22
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