IGM-Serie "Urgesteine": Steffen Hippe, THQ Nordic

Einen Vollblut-Vertriebler hat sich THQ Nordic geangelt: Steffen Hippe blickt auf über 25 Jahre Berufserfahrung im Games-Einzelhandel – also ein echtes IGM-Urgestein.
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Steffen Hippe

Fünfzig. Das ist der Wert, der seit dem jüngsten ‚Corona-Gipfel' darüber richtet, ob und wann Fachhändler und Filialisten wie MediaMarkt, Saturn, GameStop, Expert, Euronics oder Medimax wieder ihre Türen öffnen dürfen. In Schleswig-Holstein ist diese Inzidenz bereits unterschritten, weitere folgen hoffentlich bald. Eine gute Nachricht auch für Steffen Hippe, der seit dem 1. März das DACH-Retail-Geschäft bei der Wiener THQ Nordic GmbH verantwortet. Seine Verpflichtung ist das klare Signal: Neben dem weiter wachsenden Digitalgeschäft bleibt der stationäre Handel für THQ Nordic eine wichtige Säule, allen voran für üppig ausgestattete Standard- und pompöse Sammler-Editionen.

Hippe kommt von MediaMarktSaturn, wo er als Senior Category Buyer den Videospiel-Einkauf organisierte – und das in einem ausgesprochen herausfordernden Lockdown-Umfeld. Dennoch ist er im Rückblick froh, dass er bei aller Dramatik "mit vielen netten Kollegen ein Stück weit die zukünftige Ausrichtung des größten Retailers für das physische Games Geschäft mitbestimmen konnte." Die Verschiebung der Vertriebswege vom physischen Produkt hin zum digitalen Download habe in den zurückliegenden 12 Monaten noch mal einen Boost bekommen, analysiert Hippe. Schon in den 20 Jahren zuvor seien unglaublich viele relevante Handelspartner verschwunden: "Die älteren unter uns werden sich noch an die Games-Abteilungen von Karstadt, Kaufhof, Schauland, Promarkt oder Brinkmann/HOT erinnern."

Das war bei seinem Brancheneinstieg vor einem Vierteljahrhundert noch anders: Bei dtp Entertainment in Hamburg legte er eine rasante Karriere hin – vom Key Account Manager bis hin zum Sales Director und schließlich Vorstand Vertrieb und Marketing. Aus dieser Zeit datiert auch sein schönster Branchen-Moment und betrifft die Verleihung des 1. Deutschen Computerspielepreises 2009. Sein PR-Kollege Claas Wolter hatte ihm freundlicherweise einen Spickzettel für den Fall vorbereitet, dass es mit einer Auszeichnung klappen sollte. "Dass wir den 1. Deutschen Computerspielepreis für Das schwarze Auge: Drakensang gewinnen würden, war tatsächlich eine große Überraschung. Vorher durfte ich schon zwei Mal auf die Bühne: für Crazy Machines NDS und den Lara Teen-Award für Drakensang. Für jemanden wie mich, der nicht so als großer Redner bekannt ist, war das schon eine echte Herausforderung. Ich habe mich damals riesig für unser gesamtes Team bei dtp und Radon Labs gefreut, alle hatten sehr hart für den Erfolg gearbeitet."

Neben den Lieblings-Branchen-Ereignissen fragen wir bei unseren Urgesteinen üblicherweise auch das unschönste Ereignis ab – eine Frage, die meist übersprungen wird. Nicht so bei Steffen Hippe: "Da muss ich dann doch zwei nennen. Das ist zum einen der Tag der Insolvenzanmeldung von dtp im April 2012 und zum anderen der Tod des ursprünglichen Gründers Thomas Baur im Jahre 2013. Mit Thomas habe ich 18 Jahre zusammengearbeitet und diese Zeit hat mich natürlich auch ein Stück weit geprägt. Wir hatten eine gute Zeit mit tollen Kollegen bei dtp und ich habe dieser lange nachgetrauert."

Nach seiner dtp-Zeit folgten sechs Jahre als Vertriebsleiter Games bei der EuroVideo Medien GmbH in München und schließlich der Ruf aus Ingolstadt. Im Rückblick ist er glücklich, dass dort Gaming weiter im Fokus steht. "Ich freue mich darauf, dieses Geschäftsfeld nun wieder von der anderen Seite mit vielen guten Produkten unterstützen zu können." Diese Produkte stammen außergewöhnlich oft aus Deutschland – bei THQ Nordic sind unter anderem Black Forest Games und Piranha Bytes unter Vertrag. Umso mehr ärgert es ihn, dass "manch einer immer noch so tut, als wäre einzig und allein die neue Förderung der Weg zu starken Games made in Germany." Er sei froh, dass es nun endlich eine gibt. "Aber die Hauptverantwortung liegt nach wie vor beim Entwickler, mit einem vermarktungsfähigen Konzept daherzukommen und sich um eine solide Finanzierung zu bemühen. Eine, die auch ohne Förderung auskäme."

Am meisten ersehnt Hippe derzeit die THQ-Neuheit Biomutant, geplant für Ende Mai. "Als ich es vor Jahren das erste Mal auf auf der gamescom gesehen habe, wusste ich schon, dass dies genau mein Ding ist. Dass ich es jetzt auch noch vertreiben darf, ist natürlich ein Traum." Bis es soweit ist, wird er noch ein paar Runden mit seinem aktuellen Lieblingsspiel auf seiner aktuellen Lieblings-Konsole verbringen: Devil May Cry auf der PlayStation 5. "Einmal damit angefangen, macht es immer wieder riesigen Spaß. Wobei die Zeit, die ich investieren kann, leider überschaubar ist."

Die verbleibene Freizeit verbringt Hippe "ganz spießig" mit seiner Frau beim Wandern, Radfahren und "hoffentlich demnächst wieder chillig auf der Terrasse". Und: "Mehr Joggen wäre nicht schlecht, um die 3 Kilo Corona-Speck wieder loszuwerden." Und spätestens wenn sein persönlicher Inzidenzwert unterschritten wird, freut er sich auch wieder auf ein nettes Barbeque mit seinen Branchen-Kollegen. (pf)

IGM 04/21
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