Krypto-Games und NFTs: Der Gaming-Trend 2022?

Das Geld liegt nicht auf der Straße, sondern in der Blockchain: „Play-to-Earn“-Mechaniken auf Basis von Kryptowährungen und NFTs ziehen im Gaming-Sektor immer größeres Interesse auf sich. Werden Computer- und Videospiele im Jahr 2022 zum bezahlten Nebenjob?
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© Chan2545/stock.adobe.com
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Egal, ob „Pac-Man“, „The Secret of Monkey Island“ oder „Doom“: Digitale Spiele sind ein Unterhaltungsmedium. Sie bieten spaßige Zerstreuung in der Freizeit – mal mehr und mal minder anspruchsvoll. Wirklich produktiv oder gar rentabel war der virtuelle Müßiggang dabei allzu selten. Mit dem Spielen Geld verdienen, das war für viele Gamer ein Traum, der jedoch nur in den seltensten Fällen wahr wurde. Doch genau dieser Aspekt drängt nun mehr und mehr in den Fokus der großen Hersteller. „Play-to-Earn“ lautet das Zauberwort. Einzigartige digitale Inhalte besitzen, damit handeln und spekulieren – Blockchain-Technologien bringen Herstellern neue Einnahmequellen und verändern zukünftig womöglich die Art, wieso Gamer Spiele überhaupt konsumieren. Noch steckt diese Entwicklung im Triple-A-Bereich zumindest in den Kinderschuhen, doch immer mehr Anbieter wagen den Sprung in Krypto-Gefilde. Entsteht daraus der Gaming-Trend 2022?

„Spielend Geld verdienen“
Abseits der großen Aufmerksamkeit entwickelte sich über die vergangenen Jahre schon längst ein eigenes Ökosystem auf Basis von Blockchain, Kryptowährungen und NFTs. Letzteres steht für Non-Fungible Token und bezeichnet ein einzigartiges, durch die Mechaniken der Blockchain abgesichertes und legitimiertes virtuelles Objekt. Das kann etwa ein Musikstück sein, ein Bild oder im Gaming-Kontext eine Waffe, eine Rüstung oder auch ein Monster. Das 2018 veröffentlichte „Axie Infinity“ macht Gebrauch von dieser Mechanik. Was wie eine Variation von „Pokémon“ ausschaut, ist ein ausgeklügeltes „Play-to-Earn“-System unter Zuhilfenahme der Ethereum-Sidechain Ronin, einer Krypto-Wallet und eines Marktplatzsystems für „Axie Infinity“. Das Prinzip dahinter bringt einige Hürden mit: Beispielsweise benötigen Spieler zunächst einmal drei kostenpflichtige Axie-Monster, ehe sie überhaupt teilnehmen dürfen. Der Preis für niedrigstufige Figuren liegt zwischen zehn und 50 Dollar, bezahlbar in der Kryptowährung Etherium. Wie groß der „Axie“-Markt ist, zeigt sich in der Gesamtübersicht: Binnen nur eines Monats – vom 20. Dezember 2021 bis 20. Januar 2022 – wechselten über 1,3 Millionen „Axie“ die Besitzer für über 46.000 Etherium-Tokens (umgerechnet rund 145 Millionen Dollar).

Immer mehr Anbieter wagen den Sprung in Krypto-Gefilde

Der Aufstieg des Krypto-Games beeindruckt: Im Dezember 2021 erreichte „Axie Infinity“ rund zwei Millionen aktive Spieler täglich (https://activeplayer.io/axie-infinity/). Im Dezember 2020 waren es lediglich 500.000 tägliche Spieler. Der Markt wächst, und mit Titeln wie dem Fußballmanager- und Sammelkarten-Spiel „Sorare“, dem Kartenspiel „Splinterland“ oder dem an „Second Life“ erinnernden „The Sandbox“ gibt es Auswahl in verschiedenen Genres. Doch so sehr der Aufstieg von NFTs und Krypto-Games auch ins Auge sticht, die Masse haben sie bislang noch nicht erreicht.

Community-Aufstand nach NFT-Ankündigung
Anfang 2022 klafft eine große Lücke zwischen Befürwortern und Kritikern. Als die US-Webseite The Verge (https://www.theverge.com/2021/12/15/22834567/stalker-2-nfts-metahuman-dmarket) aufdeckte, dass Entwickler GSC Game World mit der NFT-Plattform DMarket zusammenarbeitet und in das kommende Survival-Abenteuer „Stalker 2“ NFT-Inhalte einbinden würde, lief die Community Sturm.

Was war das Konzept dahinter? Die Idee bestand darin, drei NFTs an die Community zu versteigern. Im Anschluss könnten diese gehandelt oder verkauft werden. Diese Möglichkeiten endeten aber an einem zuvor bekannt gegebenen Zeitpunkt. Dann nämlich hätten die drei Besitzer der NFTs die Chance, nicht nur ein Stück von „Stalker 2“ ihr Eigen zu nennen, sie würden selbst als „Metahuman“ ein Teil des Spiels werden. Das bedeutet: Nachdem die Personen bei dem Entwickler gescannt und in einen NPC verwandelt wurden, wären sie in „Stalker 2“ aufgetaucht. Die Community war von dieser Idee alles andere als begeistert und machte ihrem Unmut lautstark via Twitter Luft. Das Ergebnis: GSC Game World reagierte und warf sämtliche NFT-Inhalte aus „Stalker 2“ heraus. Als Argument führte das ukrainische Studio auf, dass „die Interessen der Fans und Spieler oberste Priorität haben“. Man entwickele das Spiel für die Community; egal, wie viel es koste. GSC Game World brach also das NFT-Experiment sehr schnell ab.

Andere Triple-A-Hersteller wagten sich bereits in unbekannte NFT-Gefilde. Konami etwa verkaufte anlässlich des 35-jährigen Jubiläums von „Castlevania“ Artworks als NFT. Ubisoft ging sogar einen Schritt weiter und brachte im Dezember 2021 mit Quartz einen eigenen NFT-Dienst an den Start. Hier konnten Spieler beispielsweise exklusive NFTs zum Actionspiel „Ghost Recon Breakpoint“ kaufen und handeln. Dieses erste Experiment scheiterte allerdings. Die Zahlen der unter anderem auf der Handelsplattform objkt.com gelisteten Objekte lesen sich bescheiden: Gerade einmal 4.000 Besitzer probieren dort ihre Items an den Mann beziehungsweise die Frau zu bringen. Das Handelsvolumen ist mit ein paar hundert Tezos-Tokens kaum existent.

Ubisoft ging sogar einen Schritt weiter

Ubisoft gehört allerdings zu den ersten großen Herstellern, die sehr offensiv in NFT- und Blockchain-Technologie investierten. Für die Plattform Quartz beispielsweise arbeitete man mit aleph.im, einer Blockchain-basierten, dezentralisierten Cloud-Plattform, zusammen. Bereits im Oktober 2021 investierten die Franzosen in das NFT- und Gaming-Startup Animoca Brands (unter anderem bekannt für das NFT-Spiel „F1 Delta Time“). Zuvor kooperierte man mit den Plattformen Flow und Xaya und ist obendrein Mitbegründer der Blockchain Games Alliance (https://www.vg247.com/ubisoft-takes-aim-at-blockchain-games-to-enable-more-play-to-earn-opportunities). Ubisoft-CEO Yves Guillemot erklärte im „Earning Call“ des zweiten Quartals 2021: „Die Industrie verändert sich regelmäßig mit vielen neuen, stattfindenden Revolutionen. Wir erachten die Blockchain als eine davon.“

Bald so normal wie Mikrotransaktionen?
Auch wenn der Mainstream-Gamer NFTs und Krypto-Games bislang ablehnt beziehungsweise ignoriert, so gibt es in der Branche selbst viele namhafte Befürworter des „Play-to-Earn“-Ansatzes. Andrew Wilson, CEO von Electronic Arts, unterstrich im Investorengespräch (https://www.fool.com/earnings/call-transcripts/2021/11/04/electronic-arts-ea- q2-2022-earnings-call-transcrip/), dass sich die Diskussion rund um dieses Thema noch in einem sehr frühen Stadium befinden. „Ich denke, dass sie aber ein wichtiger Teil der Zukunft unserer Industrie sein wird“, führte Andrew Wilson diesen Punkt aus. Zugleich aber schränkte er die mutige Aussage ein, da man erst noch „herausfinden müsse, wie das funktionieren wird.“ Er betonte noch einmal, dass gerade die bereits angebotenen Live-Services von dieser Art von Sammelobjekten profitieren könnten. In eine ähnliche Richtung tendiert Take-Two-CEO Strauss Zelnick (https://www.gamesindustry.biz/articles/ 2021 -11-04-take-two-ceo-down-on-metaverse-but-a-big-believer-in-nfts): „Wenn man an physische Sammelgegenstände glaubt, dann weiß ich nicht, wieso nicht auch an digitale. […] Die Blockchain-Autorisierung, worum es bei NFTs ja im Kern geht, ist ein Weg (nicht der einzige) zu authentifizieren, dass etwas einzigartig und selten ist.“

Noch herausfinden, wie das funktionieren wird

Reddit-Mitbegründer Alexis Ohanian sieht die Entwicklung eindeutiger und erklärte diese im Podcast „Where It Happens“: „90 Prozent der Menschen werden ein Spiel nicht mehr spielen, es sei denn, sie erhalten einen angemessenen Gegenwert für die aufgebrachte Zeit. In fünf Jahren wird man die Zeit entsprechend verwertet bekommen. Anstatt dann mit Werbung zugepflastert zu werden oder um Dollars für blöde Hämmer, die man ohnehin nicht besitzt, angebettelt zu werden, wird man auf der Blockchain basierte Spiele spielen, an denen man Spaß, aber auch Werte verdient.“

Zum jetzigen Zeitpunkt erscheint diese Perspektive noch arg optimistisch. Fest steht allerdings, dass „Play-to-Earn“ der Branche neue Einnahmefelder eröffnet und allein deshalb für viele Hersteller mehr als nur einen Blick wert sein dürfte. Der Erfolg derartiger Konzepte jedoch wird stark von der Umsetzung und der Akzeptanz der Mainstream-Kundschaft abhängen. Gelingt es den Unternehmen, NFTs und andere Mechaniken sinnvoll und lohnend in ihre Spiele zu integrieren? Und wie verkauft man derartige, energiefressenden Elemente in Hinblick auf die Nachhaltigkeit von Computer- und Videospielen? Erst wenn diese Fragen geklärt sind, dürften die Chancen für einen Durchbruch steigen. Denn Spiele lediglich zu Handels- und Spekulationsplattformen mit Blockchain-Integration umzufunktionieren, dürfte nicht den erhofften Erfolg bringen. (ob/bpf)

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